Das Besuchsteam

Zehn Frauen und Männer aus unserer Gemeinde machen sich regelmäßig auf um ältere Gemeindemitglieder zu besuchen. Besucht werden Geburtstagskinder aus unserer Gemeinde ab dem 80. Geburtstag. Zu den „Besucherinnen“ gehören auch Renate Reiter und Käte Blasius.

Warum lohnt es sich für Sie, beim Besuchs team zu sein?
Renate Reiter: Ich bin gern mit Menschen zusammen. Der Mensch ist so ein interessantes Thema, ich profi tiere selbst auch davon. Ich mache es, weil ich sehe, dass unsere Gesellschaft in Bezug auf Kontakte etwas verarmt, besonders auch Ältere, die einsam sind, die Familie wenig Zeit hat. Wobei mir das ja selber manchmal auch so geht …

Wie sieht ein typischer Besuch aus?
Renate Reiter: Wir nehmen ein kleines Geschenk mit, entweder eine Rose, die wir uns auf Kosten der Gemeinde in den Blumengeschäften in Westheim und in Steppach holen dürfen. Es gibt aber auch Teepäckchen und andere Kleinigkeiten. In jedem Brief sind Wünsche der Gemeinde und eine Einladung zum Seniorentreff. Und dann sind wir übereingekommen, dass wir uns nicht anmelden, sondern hingehen und klingeln und sagen, wer wir sind und woher wir kommen. Dann, mit gut Glück dürfen wir rein in die Wohnung. Wir fragen, ob der Besuchte eine halbe Stunde Zeit hat, damit es einen Zeitrahmen gibt und dann versucht man ein Gespräch zustande zu bringen, ohne zu viel von sich selbst zu erzählen. Es gibt viele, da sprudelt’s nur so raus. Das hat mich am Anfang auch erstaunt, wir sind ja ganz Fremde.

Finden Ihre Besuche direkt am Geburtstag statt?
Käte Blasius: Nein, direkt an dem Tag ist ja meist Besuch da. Da ist der eigene Kreis, die Familie, mit der ich feiern möchte, vorrangig. Ich gehe meistens am Tag danach. Dann können die Leute nämlich auch von ihrem Geburtstag erzählen, was passiert ist, oder auch klagen, es hat mich niemand besucht.

Gibt es auch heikle Gesprächsthemen?
Käte Blasius: Die Leute erzählen aus ihrem Leben und wenn man merkt, da ist eigentlich ein seelsorgerliches Gespräch nötig, dann fragen wir: Ist es Ihnen recht, wenn ich das der Pfarrerin sage? Wir werden ja immer weiter gebildet, dass wir eben auch Gesprächsführung lernen. Aber wir sind in dem Sinne keine Seelsorgerinnen. Da stoßen wir als Besuchsteam an unsere Grenzen. Und wenn wir merken, da ist ein intensiveres Gespräch nötig, das wir nicht leisten können, sagt die Pfarrerin auch: Da geh ich dann hin.

Was sind solche Gesprächsthemen, die Sie „weitergeben“?
Käte Blasius: Das hat bei alten Menschen viel mit Sterben und Tod zu tun und mit den Ängsten davor. Und mit dem Glauben, der im Lebenslauf vielleicht ein bisschen nach hinten gerutscht ist. Die Leute beschäftigen Fragen wie: Wie wird’s mir dann gehen und wohin gehe ich? Und das andere sind dann oft familiäre Probleme mit Kindern, mit denen man nicht mehr zurechtkommt, wo sich dann die Einsamkeit so ausbreitet. Und das dann am Inneren so nagt, dass Schuldgefühle entstehen.

Konnten Sie an sich eine Entwicklung in dieser Zeit beobachten?
Käte Blasius: Ja, ich höre achtsamer hin. Denn die alten Menschen, die erzählen uns was, und manchmal muss man überlegen, was steckt denn da noch dahinter. Ich nehme mich selber zurück, damit ich frei bin fürs Zuhören. Und oft fällt mir auf: Wenn man sich verabschiedet an der Türe, da kommt dann das Eigentliche, was die Menschen bewegt.

Das Besuchsteam sucht immer nach Verstärkung. Das Team trifft sich alle sechs bis acht Wochen um sich fortzubilden und Besuche vorzubereiten.

Interview: Franziska Deiß